Newsletter vom 12.03.2004 , 00:41
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Titel: Schlußwort zum NPD-Aufmarsch
Abschließender Bericht zu den Gegenaktionen gegen den Naziaufmarsch am 28. Februar:
Den ganzen Samstag zu beschreiben wäre zu viel, und jeder und jede von euch, die dabei war, wird viel von dem Tag zu berichten zu haben. Es geht jetzt mehr um eine Einschätzung des Verlaufes.
Die Mobilisierung zu den Gegenaktionen hat gut funktioniert. Das ist einheitliche Einschätzung des „Bündnisses gegen den NPD-Aufmarsch“. Schwieriger ist die Einschätzung, ob die Planung des Tages im Vorfeld hätte besser laufen können. Tatsache ist, daß die Idee, Tausende von Menschen durch ein Kulturprogramm auf dem Ledenhof „festhalten“ zu wollen, während nur ein paar hundert Meter weiter die Aufmarschroute der Nazis lag, nicht geklappt hat. Den meisten reichte es nicht, nur ein Zeichen zu setzen durch Präsenz bei der Gegenkundgebung. Das war eigentlich schon vorher absehbar gewesen. Richtig war es auf jeden Fall, eine Demonstration anzumelden, die auch genehmigt werden würde. Nur so konnte in diesem breiten Rahmen mobilisiert werden. Was das Kulturprogramm angeht, ist erst mal positiv hervorzuheben, daß spontan diverse Künstler sich bereiterklärten, etwas dazu beizutragen und daß das Kulturamt unbürokratisch die Finanzierung der Technik übernahm. Auch im Nachhinein waren die Kulturschaffenden nicht enttäuscht darüber, daß sie zum Schluß vor nur noch einer Handvoll Menschen auftraten, es ging ihnen um die Sache. Die zwischengeschalteten Redebeiträge deckten das Spektrum des Bündnisses ab und es wurden verschiedene politische Standpunkte dargestellt. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, das Programm früher zu beenden, um den Leuten dann die Möglichkeit zu geben, den Tag weiter zu gestalten, wie sie wollen. Zeitlich wäre das kein Problem gewesen, da der Naziaufmarsch sowieso erst gegen 14 Uhr losging. So oder so fand dann Teil 2 der Demo an der Aufmarschroute statt. Sehr viele versuchten, so dicht wie möglich an die Nazis ranzukommen, um ihnen direkt zu zeigen, daß sie unerwünscht sind. Womit wir beim Konzept der Ordnungsbehörden wären. Denn das ist ja wohl völlig gescheitert. Der Plan, eine „National befreite Zone“ für die Nazis zu schaffen und gleichzeitig die Innenstadt für den Einkauf freizuhalten konnte nur schief gehen. Um diesen Plan durchzusetzen, hatte die Polizei über 3000 Einsatzkräfte nach Osnabrück bestellt. Aber auch mit ein paar Tausend mehr, wäre das Konzept gescheitert. Denn mit Gewalt lässt sich nicht vermitteln, daß die Menschen von ihrem direkten Protest gegen die Nazis abgehalten werden sollen. So versammelten sich hinter allen Absperrungen der Polizei am Naziaufmarsch jeweils Hunderte von Menschen, die die Nazis niederbrüllten, auch während ihrer Kundgebung vor Galeria Kaufhof. Durch Provokationen kam es an einigen Stellen zu Rangeleien und leider zu vielen Festnahmen und auch ein paar Verletzten. Immer wieder schickte die Polizei Greiftrupps los, um relativ wahllos Leute festzunehmen oder auf sie einzuschlagen. Es bleibt die Vermutung, daß die Polizei im Nachhinein durch die Zahl der Festnahmen das Bild bestätigen wollte, das sie im Vorfeld gezeichnet hatte, daß angeblich 250 Randalierer an dem Tag in Osnabrück unterwegs sein sollten. Womit wir beim Thema Berichterstattung wären. Zu Beginn der Mobilisierung gegen den Aufmarsch weigerte sich die NOZ noch völlig, überhaupt Bericht zu erstatten. Lieber wäre es ihr gewesen, zum Thema Rechtsextremismus zu schweigen. Als die Berichte dann kamen, war ein Hauptthema die angebliche Gewaltbereitschaft eines Teiles der GegendemonstrantInnen. Über Hintergründe und Gefahren des Rechtsextremismus kein Wort. Aber am schlimmsten war der Bericht nach der Demo. Hier stimmte eigentlich fast gar nichts. Diese Auffassung wird vom gesamten Bündnis gegen den Aufmarsch geteilt. Die Spaltung, die die NOZ (und die Polizei) zwischen Autonomen und sog. bürgerlichen Kräften haben will, hat es weder vor noch während noch nach dem Aufmarsch gegeben. Beim Nachbereitungstreffen stellten alle Seiten fest, daß es eine weitere Zusammenarbeit geben soll und wird. Deshalb ist die politische Bilanz, was den Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus angeht, auf jeden Fall positiv.
Was die Bilanz für die Nazis angeht, bleibt festzuhalten, daß sie mit massiver Unterstützung der Polizei ihren Aufmarsch durchführen konnten, was nicht gut ist. Ihre Mobilisierungskraft war allerdings geringer als erwartet. Und aufgrund der vielen Menschen an den Polizeiabsperrungen konnten sie ihre Propaganda auch nicht loswerden und wurden nur nieder geschrieen. Erwartungsgemäß nahmen auch die organisierten Nazis hier aus dem Kreis an dem Aufmarsch teil, ob sie ihre Präsenz für die weitere Arbeit nutzen können, bleibt abzuwarten. Ein sonderlich gutes Bild haben sie nicht gemacht.
Es ist gut, daß sich so viele Menschen an den Gegenaktionen beteiligten. Bleibt zu hoffen, daß sie im Alltag sich weiterhin gegen jede Art faschistischer Mobilisierung einsetzen.