Newsletter vom 09.06.2005 , 12:35
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Titel: Protest von Flüchtlingen im Lager Bramsche-Hesepe
Pressemitteilung
9. Juni 05

Erfolgskonzept Bramsche-Hesepe?

Flüchtlinge aus der ZAAB Bramsche-Hesepe fordern die Schließung des Lagers – Protest während eines offiziellen Besuches von VertreterInnen der Zentralen Anlaufstellen für Asylbewerber Braunschweig und Oldenburg, sowie VertreterInnen aus dem Innenministerium

Der Besuch sollte den Vertretern der anderen „Aufnahmestellen“ für Flüchtlinge das „Erfolgskonzept Bramsche-Hesepe“ näher bringen.
Schon im März diesen Jahres legte die Landesregierung dem Landtag einen Bericht vor, dem zufolge „die Neuausrichtung und -konzeption der Außenstelle Bramsche seit April 2004 … zu einer erheblichen Veränderung geführt“ habe. Gemessen wird diese Veränderung an der gestiegenen Zahl der „Rückführungen“.
Am 9. Mai führte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann eine Pressekonferenz durch, während der er besonders das „Erfolgskonzept“ Bramsche hervorhob. Indiz für den Erfolg ist dabei für ihn, daß sich die Zahl der sog. „Freiwilligen Ausreisen“ von 18 im Jahr 2003 auf 95 im Jahr 2004 erhöht habe. Ganz abgesehen davon, daß diese Zahlen mit den offiziellen des Landesinnenministeriums nicht übereinstimmen (19 in 2003 und 80 in 2004), ist der Umgang des Innenministers mit den Statistiken unredlich. Er läßt außer Acht, daß erst Ende des Jahres 2003 die Aufstockung der Asylbewerberzahl von 180 auf 550 begann, daß man also bei der Zahl der Flüchtlinge, die jeweils in den Jahren das Lager verlassen haben, von sehr unterschiedlichen Zahlen der im Lager untergebrachten Flüchtlinge ausgehen muß. Außerdem setzt er die Zahlen absolut in ein Verhältnis zueinander, die Steigerung von 18 auf 95 mag eine Verfünffachung sein, im Verhältnis zu den Zahlen, wie viele Flüchtlinge insgesamt das Lager verlassen haben, hat sich allerdings wenig Änderung ergeben. Als Beispiel sei hier nur genannt, daß in beiden Jahren die Zahl der Abschiebungen höher war als die Zahl sog. „Freiwilliger Ausreisen“ (30 in 2003 und 104 in 2004). Vor diesem Hintergrund kann das „Konzept der Freiwilligen Ausreise“ kaum als Erfolgskonzept gewertet werden. Die von Schünemann behauptete Widerlegung der „Kritik von Unterstützergruppen, dass es sich bei den Landeseinrichtungen um angebliche Abschiebeeinrichtungen handelt“ ist vor diesem Hintergrund keine Widerlegung der Kritik, sondern eine Bestätigung. Ganz abgesehen davon, kann von einer „Freiwilligkeit“ bei der Beratung zur Rückkehr keine Rede sein. Unterstützung aus den Programmen der IOM (Internationale Organisation für Migration) erhalten Flüchtlinge nur, wenn sie ein Papier zur „Freiwilligen Rückkehr“ bei der Ausländerbehörde unterschreiben. Dieses Papier unterschreiben in Bramsche-Hesepe fast alle Flüchtlinge freiwillig nicht, und die Menschen, die den beschwerlichen Weg der Flucht auf sich genommen haben, haben auch ihre Gründe dafür. Mit dem Nichtunterschreiben des Papiers gilt für die Ausländerbehörde, daß die Flüchtlinge ihrer „Mitwirkungspflicht“ nicht nachkommen, was zur Folge hat, daß u.a. Sozialleistungen und Möglichkeiten der gemeinnützigen Arbeit gestrichen werden. Als Beispiel – nicht als Einzelfall – sei hier die Situation einer Familie genannt, die sich seit dreieinhalb Jahren in dem Lager aufhält und bei der die Erwachsenen bereits seit sieben Monaten keine Sozialleistungen mehr erhalten.
Das Flüchtlingslager in Bramsche-Hesepe war und ist ein Modellprojekt dafür, wie zukünftig in ganz Deutschland Lager gestaltet sein können. In der Stellungnahme der Landesregierung heißt es: „Die Erfahrungen und Kompetenzen in Bramsche sollen darüber hinaus auch dafür genutzt werden, die Verstärkung der Rückführungsansätze – insbesondere die Beratung zur freiwilligen Rückkehr – auch in den übrigen Gemeinschaftsunterkünften der Zentralen Aufnahme- und Ausländereinrichtungen zu intensivieren.“
Im Rahmen dieses „Erfahrungsaustausches“ fand am 8. Juni der Besuch der VertreterInnen aus Oldenburg, Braunschweig und Hannover statt. Was die Flüchtlinge – als direkt Betroffene – von dem Lager und der Konzeption halten, machten sie in einer spontanen Demonstration deutlich, bei der sie die Schließung des Lagers forderten. Ca. 70 Flüchtlinge zogen mit Transparenten zu dem Gebäude, in dem die Informationsveranstaltung stattfand und artikulierten lautstark ihre Forderung. Insgesamt blieb der Protest friedlich, die Veranstaltung wurde von der Polizei abgeschirmt.
Wir unterstützen die Forderung der Flüchtlinge nach Schließung des Lagers und dezentraler Unterbringung der Flüchtlinge. Wir verurteilen den Druck, dem die Flüchtlinge ausgesetzt werden, damit sie vermeintlicherweise „freiwillig“ ausreisen. Das Grundgesetz schreibt noch die individuelle Prüfung des Rechtes auf Asyl vor. Dieses Recht wird in Bramsche-Hesepe unterlaufen, indem Flüchtlinge während ihres Asylverfahrens durch Repression dazu gebracht werden sollen, das Land zu verlassen. Dieser Zustand muß endlich aufgehoben werden.