Newsletter vom 26.05.2007 , 21:29
<-- Zurück

Titel: 200 Menschen demonstrierten auf dem Weg zum G8-Gipfel in Heiligendamm gegen das Abschiebelager in Bramsche-Hesepe
Seit Samstag, den 19. Mai ist die „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ unterwegs von München nach Heiligendamm, um sich an den Protesten gegen den G8-Gipfel zu beteiligen. Die Karawane macht Halt an verschiedenen Orten der Ausgrenzung, um die Zusammenhänge der Politik der G8 mit der menschenverachtenden Migrationspolitik zu verdeutlichen.
Gemeinsam mit dem NoLager-Netzwerk und UnterstützerInnen aus der Region fand heute in Bramsche-Hesepe und vor dem Abschiebelager eine Demonstration statt.
Flucht und Migration haben ihre Ursachen vor allem in der ungerechten Weltordnung, im System von Ausbeutung und Unterdrückung. Die G8 organisieren die Armut der Völker – und sie produzieren damit Verhältnisse, die Menschen dazu zwingen, durch Migration menschliche Lebensbedingungen zu finden.
Zu dem System der Unterdrückung gehört, daß z.B. die Bundesrepublik Deutschland – als Teil der G8 – mehr Geld ausgibt für die Sicherung der Außengrenzen Europas als für sog. Entwicklungshilfe. Die militärischen und polizeilichen Mittel für diese Abschottung werden stetig aufgerüstet, was aber vor allem zur Folge hat, daß umso mehr Menschen bei dem Versuch, Europa zu erreichen, zu Tode kommen.
Die Abschottungspolitik der reichen Staaten endet nicht an den Außengrenzen Europas. Zäune für die Ausgrenzung von Menschen werden auch im Inneren der Staaten errichtet. In Deutschland z.B. in Bramsche-Hesepe. Teil der Vertreibungspolitik von Flüchtlingen aus Deutschland und Europa sind die Lager, in denen Flüchtlinge – hinter Zäunen – gezwungen werden zu leben. Zu den Zwangsinstrumenten gehört mehr und mehr die sog. „Freiwillige Ausreise“. Dafür war und ist das Lager Bramsche-Hesepe Modellprojekt.
Viel hat sich nicht verändert für Flüchtlinge in diesem Lager in Hesepe, seit die „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ das letzte Mal im Jahr 2002 in Hesepe war. Das was sich verändert hat ist meist eine Veränderung zum Schlechteren. Das Konzept „Freiwillige Ausreise“ ist zum immer mehr repressiven Instrument ausgebaut worden. Kontrolle, Verurteilung zum Nichtstun und Abwarten, Kürzung der wenigen Leistungen, Leben in beengten Verhältnissen mit kaum einem privaten Raum, Leben hinter einem Zaun mit patrouillierenden Securitys und Überwachungskameras, Strafbefehle oder ersatzweise Gefängnis für „Nichtmitwirkung“ an der eigenen Abschiebung, immer wieder die Aufforderung das Land doch zu verlassen, um diesem Zustand ein Ende zu machen – und das mit der Perspektive: unbegrenzt – unbegrenzt unter diesen unmenschlichen Umständen weiter leben, oder doch wegzugehen. Wobei Weggehen nicht unbedingt bedeutet, auszureisen, egal ob freiwillig oder unfreiwillig. Mehr Flüchtlinge aus dem Lager Bramsche-Hesepe ziehen das Leben in der Illegalität der sog. „Freiwilligen Ausreise“ vor.
Bramsche-Hesepe ist auch das Lager in Niedersachsen, in dem vor allem Familien untergebracht werden, weil in dem Lager eine Lagerschule eingerichtet wurde. Zwischen 100 und 150 Kinder müssen in dem Lager leben. Da sie denselben Bedingungen unterliegen wie die Erwachsenen, ist den Eltern keine Chance gegeben, ihren Kindern Raum und Schutz für eine Entwicklung zu geben, wie sie kindgerecht, notwendig und normal wäre. Sind diese Kinder schon traumatisiert von den Erfahrungen der Flucht, so werden sie hier weiter traumatisiert durch den Aufenthalt im Lager.
Immer wieder protestieren Flüchtlinge gegen die menschenunwürdige Unterbringung. Es gibt alltäglichen Widerstand, der selten in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Es gibt aber auch den öffentlichen Protest, wie z.B. mehrere „Offene Briefe“ die sich an die Verantwortlichen dieser Politik richteten.
Die gemeinsamen Proteste von innerhalb und außerhalb des Lagers werden erst aufhören, wenn dieses Lager genauso wie alle anderen Lager in Europa geschlossen wird.