Titel: Fluechtling aus Hesepe droht mit Suizid wegen Behoerdenwillkuer |
Willkürliche Umverteilungen von einem niedersächsischen Lager zum anderen werden die Proteste von Flüchtlingen aus Bramsche-Hesepe nicht stoppen - Flüchtling aus Bramsche-Hesepe droht mit Suizid durch Sprung von einem Turm und erreicht dadurch die Aussetzung des Transfers in das Lager Oldenburg - Ein aus Palästina stammender Flüchtling, der seit knapp 2 Jahren in dem Flüchtlingslager Bramsche-Hesepe untergebracht ist, erhielt am letzten Dienstag die schriftliche Anweisung, sich für den kommenden Donnerstag (27. Juli 2006) bereitzuhalten zwecks Umverteilung in das Lager in Oldenburg. Offizielle Begründung, die in dem Schreiben genannt wird, sei das besonders geschulte Personal in der Einrichtung in Oldenburg, welches auf die sog. „Freiwillige Ausreise“ „vorbereite“. Ein Fundament hat diese Begründung nicht, die Konzeption des Lagerkomplexes Oldenburg / Bramsche hebt tatsächlich Bramsche als Speziallager für „Förderung der freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen“ hervor. Oldenburg ist dementgegen vor allem für die Erstaufnahme zuständig. Der Palästinenser, der sich seit März 04 in Deutschland aufhält, war zunächst 6 Monate in dem Flüchtlingslager in Braunschweig untergebracht, bevor er in das Lager in Bramsche-Hesepe umverteilt wurde. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, er erhielt jedoch seitdem Duldungen nach §60 Aufenthaltsgesetz, da eine Ausreise aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, den Behörden fehlen dafür die nötigen Papiere. Laut nun zugestelltem Schreiben für die Umverteilung soll der Flüchtling in Oldenburg zur Mitwirkung zwecks Beschaffung der Papiere gebracht werden, um danach das Land zu verlassen. Bei diesem behördlichen Vorgang drängt sich die Vermutung auf, daß der Hintergrund nicht wirklich die „Förderung der Freiwilligen Rückkehr“ ist, da er zu diesem Zweck sich in der der dafür zuständigen Einrichtung befunden hätte. Nahe liegender ist, daß die Behörden den Flüchtling aus dem Lager los sein wollen, denn er gehört zu einer Gruppe von Flüchtlingen, die immer wieder gegen die Bedingungen in dem Lager protestieren und die dezentrale Unterbringung aller Flüchtlinge fordern. Für diese Vermutung spricht, daß in diesem Jahr schon zwei Familien, die in dem Lager untergebracht waren und die sich öffentlich an Protesten beteiligten, umverteilt wurden. Als Familien mußten sie zwar in Wohnungen untergebracht werden, allerdings bewußt an so kleinen und schlecht erreichbaren Orten, daß ihnen auch hier wenig Möglichkeiten für ihr weiteres Verfahren bleiben sollten. Dennoch ist am Rande zu vermerken, daß bereits bei einer der Familien trotz der widrigen Umstände das Verfahren so weit gebracht werden konnte, daß sie nun ein Bleiberecht aus humanitären Gründen haben. Dieser Erfolg wäre bei weiterer Unterbringung in dem Lager in Hesepe nicht möglich gewesen und die Nachricht über den Ausgang des Verfahrens ist bei den in Hesepe verbliebenen Flüchtlingen wohl angekommen, wodurch sich bestätigte, daß Widerstand sich lohnt. Heute bekam nun ein weiterer Flüchtling aus Bramsche-Hesepe, der sich noch im Asylverfahren befindet, ein Schreiben, daß er am Montag, den 31. Juli in das Lager nach Braunschweig umverteilt werden soll. Auch dieser Flüchtling gehört zu der Gruppe, die sich im Widerstand gegen die Lagerunterbringung organisiert hat. Die Umverteilung von ihm nach Braunschweig ist genauso unsinnig wie die Umverteilung des Anderen nach Oldenburg. Denn Braunschweig hat sich auf die „Identitätsklärung“ spezialisiert. Bei diesem Flüchtling ist die Identität nun eindeutig geklärt, laut Begründung soll er sein Asylverfahren in Braunschweig zu Ende bringen. Diese Vorgänge, die sich mit Sicherheit in nächster Zeit noch wiederholen werden, lassen allein den Schluß zu, daß hier berechtigter Widerstand und Protest zerschlagen werden soll. Nicht Argumente sollen den Protest zum Schweigen bringen, sondern behördliche Willkür, so die Einschätzung aller Beteiligter, die seit Jahren gegen die Lagerunterbringung politisch vorgehen. Der Grund für die Behörden, nun in der Sommerpause zuschlagen zu wollen, scheint ein gewisser Druck von Seiten des Innenministeriums zu sein, welches schon seit einiger Zeit registrieren mußte, daß Bramsche-Hesepe aus den Negativ-Schlagzeilen nicht mehr heraus kommt. Jeder noch so bemühte Versuch, das Konzept der sog. „Freiwilligen Rückkehr“ als humanitäre Hilfe darzustellen, wird von der Realität des Lageralltags in das Gegenteil verkehrt. Und da es Menschen sind, mit denen hier so unmenschlich umgegangen wird, gibt es natürlich Widerstand. Und dieser Widerstand wird aus den gegebenen Umständen nicht durch behördliche Willkür oder auch Repressionen zu stoppen sein, sondern nur durch Schließung des Lagers und durch Beendung des Projektes „Freiwillige Rückkehr“. Der Flüchtling aus Palästina griff heute zu einem sehr drastischen Mittel. Er drohte mit dem Sprung von einem Turm, den er um 9 Uhr morgens bestiegen hatte und den er erst verließ, als ihm schriftlich zugesichert wurde, daß die Umverteilung zunächst ausgesetzt wird. Und außerdem: „Mögliche Alternativen können im gemeinsamen Gespräch erörtert werden“. Nach der Aktion, die gegen 12 Uhr endete, wurde der Mann in die Psychiatrie nach Osnabrück gebracht, ein üblicher Vorgang bei Androhung eines Suizids. Wie die Behörden weiter entscheiden werden, bleibt nun abzuwarten. Viele weitere BewohnerInnen des Lagers zeigten ihre Solidarität mit dem Flüchtling und sehen sich einmal mehr darin bestärkt, daß Widerstand nötig ist. |