Titel: weitere Proteste wegen behoerdlicher Willkür in Bramsche-Hesepe |
Hungerstreik für Menschenwürde Behördliche Willkür wird die Proteste von Flüchtlingen aus Bramsche-Hesepe nicht stoppen Trotz der schriftlichen Zusage, nicht in das Lager nach Oldenburg gebracht zu werden, statt dessen im gemeinsamen Gespräch Alternativen zu erörtern, wurde am Donnerstag, den 27. Juli 06 ein palästinensischer Flüchtling aus Bramsche-Hesepe aus dem Krankenhaus heraus unter Schlägen, Würgen und mit einer straffen Fesselung der Hände durch drei Beamte der Ausländerbehörde nach Oldenburg verschleppt. Das Vorgehen der Behörden ist ein einziger Skandal, der schon damit begann, daß der Flüchtling überhaupt die Aufforderung bekam, sich innerhalb kürzester Zeit für die Umverteilung bereit zu halten. „Ich fühle mich so, als sei ich ein Gegenstand wie ein Postpaket, das man mal hierhin und mal dahin schicken kann, und nicht als sei ich ein Mensch“, beschreibt der Palästinenser seine Situation. Seit langem fordert er schon, gemeinsam mit weiteren BewohnerInnen des Lagers, die dezentrale Unterbringung, ein Recht auf Bewegungsfreiheit und damit die Abschaffung jeglicher Lager, statt dessen ein Leben in Menschenwürde. Zur Menschenwürde gehört auch das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht für die eigenen Belange zu demonstrieren. Um dieses Recht wahrnehmen zu können, haben sich Flüchtlinge des Lagers gemeinsam mit UnterstützerInnen organisiert, bei vielen verschiedenen Aktionen konnte die Unmenschlichkeit der Lagerpolitik an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Der berechtigte Widerstand hat also Wirkung gezeigt. Die Antwort der Lagerbehörden bis hin zum niedersächsischen Innenministerium ist die Zerschlagung des Widerstandes durch Repression und behördliche Willkür. Der Grund dafür scheint ein gewisser Druck von Seiten des Innenministeriums zu sein, welches schon seit einiger Zeit registrieren mußte, daß Bramsche-Hesepe aus den Negativ-Schlagzeilen nicht mehr heraus kommt. Jeder noch so bemühte Versuch, das Konzept der sog. „Freiwilligen Rückkehr“ als humanitäre Hilfe darzustellen, wird von der Realität des Lageralltags in das Gegenteil verkehrt. Und da es Menschen sind, mit denen hier so unmenschlich umgegangen wird, gibt es natürlich Widerstand. Und dieser Widerstand wird aus den gegebenen Umständen nicht durch behördliche Willkür oder auch Repressionen zu stoppen sein, sondern nur durch Schließung dieses und aller Lager und durch Beendung des Projektes „Freiwillige Rückkehr“. Neben dem Flüchtling aus Palästina ist ein weiterer Flüchtling aus Russland aktuell von einer ebenso willkürlichen Umverteilung bedroht. Er soll das Lager am Montag, den 31. Juli verlassen und in das Lager in Braunschweig gesteckt werden. Gegen den Versuch von Seiten der Behörden, den Widerstand aus dem Lager Bramsche-Hesepe durch Repression zu brechen, findet heute seit 10 Uhr in der Bramscher Innenstadt eine Protestaktion statt. Der Flüchtling aus Palästina ist in den Hungerstreik getreten. Minimalste Forderung ist die Einhaltung der schriftlichen Zusage von Seiten des Lagers, daß eine Umverteilung nach Oldenburg nicht stattfindet. Gleichzeitig fordern wir die Aussetzung der Umverteilung des weiteren Betroffenen. Hintergrundinformation: Der aus Palästina stammende Flüchtling, der seit knapp 2 Jahren in dem Flüchtlingslager Bramsche-Hesepe untergebracht ist, erhielt am letzten Dienstag die schriftliche Anweisung, sich für Donnerstag bereitzuhalten zwecks Umverteilung in das Lager in Oldenburg. Offizielle Begründung, die in dem Schreiben genannt wird, sei das besonders geschulte Personal in der Einrichtung in Oldenburg, welches auf die sog. „Freiwillige Ausreise“ „vorbereite“. Ein Fundament hat diese Begründung nicht, die Konzeption des Lagerkomplexes Oldenburg / Bramsche hebt tatsächlich Bramsche als Speziallager für „Förderung der freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen“ hervor. Oldenburg ist dementgegen vor allem für die Erstaufnahme zuständig. Der Palästinenser, der sich seit März 04 in Deutschland aufhält, war zunächst 6 Monate in dem Flüchtlingslager in Braunschweig untergebracht, bevor er in das Lager in Bramsche-Hesepe umverteilt wurde. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, er erhielt jedoch seitdem Duldungen nach §60 Aufenthaltsgesetz, da eine Ausreise aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, den Behörden fehlen dafür die nötigen Papiere. Laut nun zugestelltem Schreiben für die Umverteilung soll der Flüchtling in Oldenburg zur Mitwirkung zwecks Beschaffung der Papiere gebracht werden, um danach das Land zu verlassen. Für die Vermutung, daß dieser Vorgang dazu dient, den Widerstand in Hesepe zu zerschlagen, spricht, daß in diesem Jahr schon zwei Familien, die in dem Lager untergebracht waren und die sich öffentlich an Protesten beteiligten, umverteilt wurden. Als Familien mußten sie zwar in Wohnungen untergebracht werden, allerdings bewußt an so kleinen und schlecht erreichbaren Orten, daß ihnen auch hier wenig Möglichkeiten für ihr weiteres Verfahren bleiben sollten. Dennoch ist am Rande zu vermerken, daß bereits bei einer der Familien trotz der widrigen Umstände das Verfahren so weit gebracht werden konnte, daß sie nun ein Bleiberecht aus humanitären Gründen haben. Dieser Erfolg wäre bei weiterer Unterbringung in dem Lager in Hesepe nicht möglich gewesen und die Nachricht über den Ausgang des Verfahrens ist bei den in Hesepe verbliebenen Flüchtlingen wohl angekommen, wodurch sich bestätigte, daß Widerstand sich lohnt. Bei dem zweiten aktuell betroffenen Flüchtling ist die Umverteilung nach Braunschweig genauso unsinnig wie die Umverteilung des Anderen nach Oldenburg. Denn Braunschweig hat sich auf die „Identitätsklärung“ spezialisiert. Bei diesem Flüchtling ist die Identität nun eindeutig geklärt, laut Begründung soll er sein Asylverfahren in Braunschweig zu Ende bringen. Der Flüchtling aus Palästina griff zunächst zu einem sehr drastischen Mittel. Er drohte mit dem Sprung von einem Schornstein, den er am Mittwoch um 9 Uhr morgens in dem Lager in Hesepe bestiegen hatte und den er erst verließ, als ihm schriftlich zugesichert wurde, daß die Umverteilung zunächst ausgesetzt wird. Nach der Aktion, die gegen 12 Uhr endete, wurde der Mann in die Psychiatrie nach Osnabrück gebracht, ein üblicher Vorgang bei Androhung eines Suizids. Aus dem Krankenhaus heraus wurde er mit Gewalt nach Oldenburg verschleppt. Freitag, 28. Juli 2006, NoLager-Netzwerk. Kontakt: Avanti!, Tel: 0541-750 87 97 |