Titel: Neues zum Fluechtlingsstreik in Oldenburg / Blankenburg |
Am Freitag, den 13. Oktober sind die streikenden Flüchtlinge und viele UnterstützerInnen mit einer Demonstration durch die Innenstadt Oldenburgs gezogen. Es waren mehr DemonstrationsteilnehmerInnen als letzten Freitag, ca. 300 Menschen solidarisierten sich mit dem Protest der Flüchtlinge oder waren selber streikende Flüchtlinge. Es wurden mehrere Reden gehalten, die noch mal die Verhältnisse im Lager Blankenburg zum Thema machten. Viele Flüchtlinge berichteten über die Missstände in der Gesundheits- und Essensversorgung, sowie die diskriminierende Behandlung im Lager. Auch Flüchtlinge aus dem Abschiebelager Bramsche sprachen auf der Demonstration. In den Reden wurde auch der heutige Artikel der Nordwestzeitung thematisiert (Artikel ist unten angehängt), der ein großes Foto vom angeblich guten Essen in der Lagerkantine und den Speiseplan dieser Woche abgedruckt hatte. Die Flüchtlinge sagten, sie hätten ein solches Essen noch nie in der Lagerkantine gesehen. Sie sagten, vielleicht glaube der Autor des Artikels, man könne das Zeitungsbild essen. Die NWZ beteiligt sich dabei offensichtlich an der Kampagne gegen den Streik und verläßt jedes Gebot einer objektiven Berichterstattung. Sie präsentiert das jetzt aufgetischte Festessen der Lagerleitung als Normalität. Dieser Boulevard-Journalismus überzeugt aber niemanden, sondern schürt lediglich rassistische Ressentiments von überzogenen Forderungen der Flüchtlinge. Der Streik der Flüchtlinge ist gegen das Sachleistungsprinzip des Asylbewerberleistungsgesetzes gerichtet. Die Forderung ist, sich selbstbestimmt mit eigenen Lebensmitteln nach eigenen kulturellen Bedürfnissen zu versorgen. Die NWZ will aber offensichtlich die Zusammenhänge gar nicht sehen, sondern den Streik als unberechtigt und unbegründet erscheinen lassen. Am Donnerstag zog eine kleine Demonstration von 40-50 Leuten durch die Innenstadt und warb bei verschiedenen Institutionen für die Unterstützung des Streiks. Ziel war es außerdem, verschiedene Parteien (SPD und Bündnis90/Die Grünen), Institutionen (Rathaus), Vereine Kirchengemeinden zu besuchen und mit den Forderungen der Streikenden ‚bekannt’ zu machen. Neben den in den letzten Newslettern beschriebenen Repressionsmaßnahmen werden Fotos auf den Protestaktionen gemacht, um die AktivistInnen zu ermitteln und diese gezielt mit Repression, Umverteilung in ein anderes Lager und Abschiebung zu bedrohen. Wir verurteilen die Maßnahmen der Lagerleitung, die dem berechtigten politischen Widerstand mit Einschüchterung und Repression entgegentritt. Kontakt: Info-Telefon: 0160/96857380. Kontakt: antira-ol@web.de. Spendenkonto: Arbeitskreis Dritte Welt e.V. Kto-Nr. 015 131337 BLZ 28050100, LZO Verwendungszweck: Aktionstage Nordwest-Zeitung - Freitag, 13. Oktober 2006: Dieses Essen sorgt für Aufruhr ASYL Bewohner protestieren weiter – Sie verlangen Bargeld statt Verpflegung Auf dem Gelände des Klosters Blankenburg bleibt es unruhig. Eine Gruppe will andere Bedingungen erreichen. Von Karsten Röhr OLDENBURG - Calamari mit Reis und selbst gemachter Remouladensauce, dazu Salatbüfett und als Nachtisch eine Birne: Mancher Oldenburger Kantinengänger wäre gestern über so ein Essen nicht unglücklich gewesen. Anders in der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) in Blankenburg: Dort wurde das leckere Essen gestern kalt. Denn die Kantine wird boykottiert. „Getragen wird der Boykott zwar nur von einer Gruppe von 50 bis 60 der 550 Asylbewerber“, sagte der Leiter Christian Lüttgau. „Aber die setzen alle anderen so massiv unter Druck, dass sie sich zurzeit nicht trauen, hier zu essen. Die Leute sitzen in ihren Zimmern und haben Angst.“ Aus demselben Grund liegen seit einer Woche auch die – eigentlich begehrten – 35 Ein-Euro-Jobs brach. Nur „ein mutiger Rasenmäher-Jobber hat heute zum ersten Mal wieder gemäht und ein Afrikaner hat in der Küche geputzt“, sagt ein Mitarbeiter. Ein junger Schwarzafrikaner sagt: „Das Essen ist gar nicht das Problem – und schon gar kein Grund, hier so einen Ärger zu machen. Ich will hier in Frieden leben. Was ich mir aber sehr wünsche, ist eine Möglichkeit, mehr zu arbeiten und Geld zu verdienen. Die 40 Euro Taschengeld im Monat sind zu wenig“ Das Geld ist auch für andere ein Thema. Daasi (24) und Esther (27), die im achten Monat schwanger ist, sind vor vier Monaten aus Kamerun in die Erstaufnahmestelle gekommen. Sie würden es gut finden, wenn das Essensgeld ausbezahlt würde. Auch Daasi will hier Geld verdienen. „Warum kann ich nicht wenigstens als Tellerwäscher arbeiten?“, sagt er. Esther kommt mit dem Geld nicht aus: „Morgen muss ich wegen der Schwangerschaft ins Krankenhaus, Hin- und Rückfahrt mit dem Bus kosten 3,50 Euro – bei 19 Euro Taschengeld für zwei Wochen komme ich nicht hin.“ Während Lüttgau „ein gewisses Verständnis“ für den Wunsch aufbringt, zu arbeiten, kann er die Kritik am Essen und der medizinischen Versorgung „überhaupt nicht nachvollziehen“. Auf dem Gelände teilen sich eine Allgemeinmedizinerin und eine Internistin des Gesundheitsamtes eine Praxis. Sprechstunde ist – bis auf die Mittagspause – montags bis donnerstags von 8 bis 15 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr. Es gebe keine Überweisungs-Hindernisse, lediglich für Behandlungen wie Gebisssanierungen oder Operationen chronischer Krankheiten gebe es keine Möglichkeit. Die Demonstrationen gehen heute ab 16 Uhr in der Innenstadt weiter. Für die Polizei ist es dann der elfte Einsatz wegen der Proteste innerhalb von elf Tagen. Nach Meinung von Polizei-Chef Johann Kühme können diese Einsätze kein Dauerzustand sein: „Beamte, die Demos begleiten müssen, fehlen uns an anderen Stellen.“ Da die Unruhe von Einzelnen ausgehe, sollte die Behörde prüfen, ob es möglich ist, diese Personen „regelmäßig auf andere Unterkünfte zu verteilen“. Überdies stünden mehrere ZAAB-Bewohner in Verdacht, mit Drogen zu handeln. |